Sonntag, 31. Januar 2016

Dyskalkulie - Fortschritte?

Wenn ich hier schreibe, wie ich mit meiner Tochter zu Hause mit den Stäbchen arbeite, könnte der Eindruck entstehen: super, ich arbeite mit Hilfe der Stäbchen ein Heft durch und jedes Problem ist behoben.

So ist das bei Weitem nicht. Ich versuche mit meiner Tochter dran zu bleiben und etwas zu tun. Einfach, weil wir derzeit keine andere Möglichkeit haben. In unserem Bundesland erfordert ein erfolgreicher Antrag nach § 35a SGB VIII, dass die Schule die notwendige Förderung nicht leisten kann. Es reicht also nicht aus, dass das Kind von einer seelischen Behinderung bedroht ist. 

Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Mathelehrer meiner Tochter jedoch davon überzeugt, dass seine Förderung ausreicht. Klar, sie hat jetzt einen speziellen Ordner, in welchem sie nochmals ganz langsam das Zerlegen beim Zehnerübergang speziell bei Rechenstörungen üben soll. Zusätzlich arbeitet sie wie alle Kinder in einem Heft das sich den Zehnern bis 100 widmet. 
Aber dieses Durcharbeiten erfolgt wieder weitgehend ohne erläuternde Hilfe und es handelt sich im Grunde wieder einfach nur um Kopien der altbekannten, aber nicht beherrschten Themen.
Zudem sagt meine Tochter in der Schule nicht, was sie nicht versteht. Zu Hause weiß sie dann nicht, wie sie die Rechenschiffchen passend zu den Aufgaben ausmalen soll oder weint, weil nach ihrem System bei einer bestimmten Aufgabe doch bestimmt 11 rauskommen müsse und nicht 12, wie sie es richtig errechnet hat. Denn sie bestimmt das richtige Ergebnis auch immer in Zusammenschau mit den anderen gestellten Aufgaben. 

Mir ist unverständlich, wie ein Lehrer ihr im Zeugnisgespräch zum Halbjahr 2. Klasse erklären kann, wie groß ihre Fortschritte sind, weil sie jetzt mit Zehnern bis Hundert arbeitet. Dass sie weder subtrahiert, noch rückwärts zählt, nun ja...

Geht es um Zehner, orientiert sich meine Tochter nur an der ersten Stelle des Zehners und setzt um was sie auf Rechnen bis 10 anwendet. Zu Hause kommen dann so schlaue Sätze wie:
"Ich habe immer gedacht, zwischen 10 und 20 und 20 und 30 ist nichts. Aber da sind auch Zehner, dass habe ich in der Schule am Zahlenstrahl gesehen." 


Dies alles hat mich dazu veranlasst mit ihr einen Test nach "Rechenstörungen - Diagnose und Förderbausteine" aus dem Klett-Verlag zu machen. Dieses Buch ist für Grundschullehrer konzipiert, aber sehr einfach zu verstehen. Nach diesem hat sie Verständnisprobleme im Zahlenfeld (Zahlauffassung, Zahldarstellung), Vor- und Nachfolger, Verdoppeln und Halbieren, Operative Strategien, Subtraktion.

 
Ich muss gestehen, dass ich das Ergebnis des von mir durchgeführten Tests sowohl an unsere Ergotherapeutin als auch an den Mathelehrer weiter gegeben habe. Das Problem ist nämlich, dass ich zwar das Testergebnis der Psychologin über die diagnostizierte Dyskalkulie bekommen habe, jedoch naturgemäß keine Auswertung über die problematischen Bereiche. Somit weiß die Ergotherapeutin - welche auch in diesem Bereich ausgebildet ist -  zwar, dass Dyskalkulie vorliegt, aber nicht welche die zu behandelnden Defizite sind. Eine Diagnostik führt sie nicht durch, da sie kein Lerntherapeut ist. Sie hat sich sehr über den Test gefreut, jegliches Rechnen und Zerlegen für überflüssig erklärt und beginnt nun mit der Förderung des Verständnis des Zahlenfeldes. Alles andere mache keinen Sinn.
Aber auch die Schule führt keine Diagnostik durch. Da erfolgt die Förderung wohl auf Grund von Erfahrung. Klar war ihr Lehrer nicht begeistert, als er den Test von mir bekam. Riecht auch sehr nach Einmischen. Aber was soll ich machen, um aufzuzeigen, wie grundlegend ihre Defizite sind? Ich nehme an, sie halten mich für hysterisch. Meine Tochter tut nämlich während des Unterrichts weitgehend so als würde sie arbeiten. Schreiben, radieren, schreiben, radieren...
Im Grunde kann ich nur raten, vom Helfen und Üben bei den Hausaufgaben abzusehen, damit die Lehrer sehen, wie schwerwiegend das Verständnis gestört ist. Aber dem Kind nicht sagen, dass es falsch rechnet? Es sehenden Auges in die Schule gehen lassen? Auch Kinder, die nicht rechnen können, möchten in der Schule nicht dermaßen bloß gestellt werden. 

Was machen ich nun? Zahlenfeld üben. Spiele wie "Mensch-Ärger-Dich-Nicht", bei denen man passend zum Zählen setzen muss, spielen. Im Rechenschiffchen lasse ich Aufgaben legen (z.B. 7+8) und durch Einkreisen lasse ich sie das Bündeln von Mengen und Strategien üben. Dazu spielen wir noch auf Anraten der Ergo-Therapeutin Halli Galli (Früche) sowie viele andere Brett- und Kartenspiele. Und natürlich machen wir weiter mit den Stäbchen...

Ich habe hierzu einen interessanten Artikel zur Förderung des Mengen-, Ziffern- und Zahlbegriffs durch Spiele auf der Seite des Kita-Handbuchs gefunden. Dort wird ganz genau beschrieben, in welcher Reihenfolge man Spiele einführen sollte um der Entwicklung des Zahlbegriffs gerecht zu werden. Viele schöne Anregungen. 

Dezimalsystem, Zehner und Einer erklären

Ein typisches Problem bei dyskalkulen Kindern ist das fehlende Verständnis für den Unterschied von Zehnern und Einern. Das zeigt sich insbesondere in der fehlerhaften Leseweise. So wird z.B. die 26 als 62 gelesen und umgedreht, denn für das Kind hat die einzelne Zahl keinen Wert, sondern allenfalls eine Stelle in einer genau aufzusagende Kette.

So kommt es vor, dass das dyskalkule Kind auf einer digitalen Uhr statt 13:06 Uhr 13:60 Uhr vorliest und statt 13:07 Uhr 13:70 Uhr, ohne darin einen Fehler zu erkennen. 

Leider habe ich noch nicht das optimale Mittel gefunden, um meiner Tochter den Unterschied verständlich zu erklären. Der scheinbar so logische Abakus oder ein Eierkarton hat zu keinem Verständnis der Bedeutung von Zehner und Einer geführt. Folgendes Material setze ich zur Zeit ein und ich bin zuversichtlich:





Ich habe weiße A7-Karteikarten in orange mit den vollen Zehnern beschriftet. Hierbei habe ich die erste Stelle größer geschrieben um visuell deutlich zu machen, dass dies der Zehner ist. Zusätzlich habe ich die Ziffern 1-9  in den zu den Stäben passenden Farben auf halbierte Karteikarten geschrieben, so dass ich mit diesen immer die 2. Stelle der vollen Zehner wechselnd abdecken kann. Meine Tochter hat heute zudem noch eine 100 gebastelt, weil ihr das wichtig war.

Zunächst habe ich sie die Zehner aufsteigend ordnen lassen, was sie voller Stolz problemlos meisterte. Sie scheint sich dabei an der ersten Stelle zu orientieren.
Danach lies ich sie passend die Zehner Stäbe zu den 10er-Karten legen - kein Problem.
Hiernach habe ich wahllos die Einer-Karten auf die vollen Zehner verteilt und lies sie mit den Stäben die Zahl dazu legen. Und hier wurde jetzt der Denkfehler, den man sonst kaum bemerkt, deutlich. Sie vertauschte beim Legen der Stäbe Zehner und einer. Es ist also nicht nur ein Sprachfehler und sie meint die richtige Zahl. Nein, ihr ist nicht klar, welchen Größenunterschied Zehner und Einer aufweisen, obwohl sie weiß, dass 10 weiße Stäbe in einer Zehner passen.

Ich ging dann dazu über, dass sie die Stäbe senkrecht unter die dazu gehörige Karte legen soll, d.h. die orangenen 10er-Stäbe senkrecht unter die Zehnerstelle und den passenden Stab senkrecht unter die Einerstelle. 
Ich hoffe, dass dies besser der Schreibweise der Zahl entspricht. Wir werden diese Übung nun jeden Tag durchführen und sehen was passiert. Außerdem werde ich mich ihrem Verständnis zum Zahlenfeld noch mal widmen. Dazu an anderer Stelle.






Dienstag, 12. Januar 2016

Mengen üben

Optimaler Weise besitzt ein Kind alle Vorläufer-Fähigkeiten für Mathematik, wenn man mit dem Material startet. Bei meiner Tochter war dies nicht der Fall. Mengen auf Anhieb oder ableitend zu erkennen fiel ihr schwer. Gleiches galt für zweischrittiges Zählen oder Rückwärtszählen. 
Diese Fähigkeiten sind jedoch Voraussetzungen für die Vorstellung davon, was Addition und was Subtraktion ist.

Das Erkennen von Mengen habe ich auf folgende Weise mit ihr geübt.
  • verdeckt unter einem Tuch die Anzahl von Murmeln, Ü-Eierfiguren oder Muggelsteine ertasten 
  • kleine Sachen hinlegen und sie spontan sagen lassen, wieviel es sind 
  • bei beiden Übungen, wegnehmen und dazu geben
War alles nicht so toll, meine Tochter zählte halt alles ab und im Ergebnis war es richtig.

Hiernach versuchte ich es mit gestempelten Motiven, in denen die Anordnung immer wahllos war.

Die kleineren Mengen erkannte sie ganz gut, aber bei den größeren Mengen hatte sie keinen Plan, wo anfangen und wo aufhören. Hier hätte ich vielleicht mit wenigen "kleinen" Karten beginnen und erst nach und nach mehr und "größere" Karten hinzunehmen sollen. Hier fehlte jedoch die Komponente des Selbermachens, die zur Festigung entscheidend ist.

Gleichzeitig nutze sie das Lernspiel-App von "Conni". Das erste Aufgabe widmete sich dem Mengenerfassen. Zu sehen ist ein Drache, auf dessen Rücken immer wieder unterschiedlich viele Punkte auftauchten. Bis 4 erkannte meine Tochter dies zuverlässig. Darüber hinaus zählte sie ab und verzählte sich häufiger. Trotz längerzeitiger Nutzung entstand kein Lerneffekt, war keine Verbesserung zu sehen.

Dann druckte ich mir im Internet eine Vorlage für Punktebilder aus, die ähnlich zu Würfelbildern sind, aber mit mehr Punkten. Die Anzahl der Punkte steht immer auf der Rückseite in der passenden Farbe zu den Stäbchen.
Diese fand meine Tochter ganz gut. Zu diesem Zeitpunkt beherrschte sie Mengen schon ein wenig besser und meine Tochter liebt es, wenn ich neue Materialien für sie bastle.

Einen wirklichen Durchbruch brachte folgendes, ein Art selbstgebasteltes Steckbrett:
Zunächst startet man mit wenigen Stäbchen (Würfeln) immer von unten, erst links, dann von unten rechts. Man legt die Stäbchen im Feld oder links, rechts oder darüber davon ab und fragt wieviele es sind. Dabei kann man auch welche wegnehmen oder dazu legen. Starten sollte man nur mit wenigen Steinen und vielen Raumveränderungen. Später kann man dem Kind Legeanweisungen geben und es kann alles selbst ausführen, z.B.:
  • lege 3 Stäbe ins Feld
  • nimm einen weg
  • lege 3 hier hin (durch zeigen) oder 2 dahin (zeigen)
  • tue 2 dazu
  • mache 5 daraus
  • verdopple
  • halbiere
Das Kind sollte genau verstehen was zu tun ist. Die Lageveränderung ist dabei entscheidend. Die 3 Stäbe sehen je nach Ort der Lage unterschiedlich aus. 
Die ersten 2 Tage zählte meine Tochter die Stäbe konsequent ab, am 3. Tag legte sich ein Schalter um und sie ging logischer vor. Verschob die 3 Stäbe aus der Mitte und legte dann noch 2 dazu um 5 zu erhalten. Auch konnte sie plötzlich 7 legen ohne zu zählen indem sie einfach davon ausging, dass die linke Reihe immer 5 ist.

Das oben verlinkte Steckbrett halte ich für ungünstig, da es zu sehr an den Abakus erinnert und die Farben wieder zu sehr vom eigentlichen Thema, der Menge, ablenkt. Zudem ist ein Blatt mit ein paar Linien einfach unschlagbar günstig.

Auch sollte man immer im Kopf behalten, das rechenschwache Kinder nicht viele verschiedene Rechenhilfen brauchen, weil jede Hife erlernt werden muss. Die Kenntnisse von einem Material auf ein anderes zu übertragen gelingt nur schwer. Von daher ist es besser immer das selbe Material zu benutzen und die Handhabung zu variieren.

Samstag, 9. Januar 2016

Teppiche legen - Einführung der einzelnen Zahlen

 Nachdem das Kind die Vorläuferfähigkeiten für Mathematik nach Möglichkeit besitzt, durch Muster und Mosaike ein gefühl für die Stäbe bekommen hat und durch das Legen der Treppe sicher größer und kleiner beherrscht, werden die einzelnen Zahlen eingeführt.

Die Einführung jeder Zahl beginnt mit dem Legen des entsprechenden Teppichs. Bei "Mathe begreifen" werden zuvor die Einer genutzt, um die Zahl durch Legen der Stäbe auf Bilder mit der der Zahl entsprechenden Motiven praktisch erfahrbar gemacht. 

Die Teppiche zeigen auf, welche Zerlegungen einer Zahl möglich sind, ohne dass die Kinder tatsächlich die dazugehörigen Zahlen kennen müssen. Wichtig bei jeder Einführung ist neben dem Legen auch das Sprechen. Und zwar zeitgleich zum Legen der Stäbe. Also in etwa: "In einen roten Stab passen 2 weiße Stäbe." Danach sollte der Teppich - wenn nötig - unter Zuhilfenahme der Stäbchen ins karierte Heft gemalt werden. Auch beim Malen sollte gesprochen werden.Es werden also immer alle Sinne angesprochen.

Bei "Mathe begreifen" werden ab der "3" auch kleine Häuser genutzt um bildlich das Zerlegen der Zahl darzustellen. Diese Häuser machen es dann auch leicht Aufgaben zu verstehen, bei denen ein Summand fehlt.


Und so werden die Zahlen auch weiter eingeführt. Zum roten Zweier wird ein weißer Einer gelegt. Hierdurch wird der hellgrüne Dreier ermittelt. Das  Kind erfährt, dass durch Hinzulegen eines Einers sich die Zwei um eins erhöht.

Jede Zahl wird mit dem Stäbchen ganz langsam und einzeln eingeführt. 

 Je  höher die eingeführte Zahl, desto länger ist der Teppich.

Das Ziel der Übung ist klar. Die Kinder lernen das Zerlegen. Sie machen visuell die Erfahrung, dass eine höhere Zahl in sehr viel mehr Möglichkeiten zerlegt werden kann als eine kleinere. Sie sehen, dass es einen Unterschied macht, an welcher Stelle eine Zahl liegt, dass 9+1 nicht das gleiche sein kann wie 1+9, auch wenn man Summanden vertauschen kann. Und sie lernen, dass es Zahlen gibt, die in mehrere Gleichfarbige teilbar sind und andere eben nicht (gerade und ungerade Zahlen).

Ergänzung:
In einem späteren Beitrag zur Addition mit Zehnerübergang zeige ich noch mal wie man mit unter Zuhilfenahme der Teppiche die Zahlenzerlegung erklärt.

Zerlegung bis 10 - Karteikarten

Das wichtigste überhaupt für das Verstehen des Grundschulstoffs ist das automatisierte Zerlegen der Zahlen bis 10.

Wie kann man dies erreichen?
Voraussetzung ist das Legen der Teppiche. Erfolgt dies nur oft genug, entwickelt das Kind automatisch ein Verständnis für die zusammengehörigen Zahlen. Hat man also die 1 - 4 eingeführt, kann man dies durch die Wiederholung mit den entsprechenden Karteikarten vertiefen.

Wichtig ist, dass man sein Kind nicht ewig überlegen lässt. Antwortet es nicht spontan, muss die Lösung auf der Rückseite der Karteikarte sofort gezeigt werden. Dann brennt sich mit der Zeit das Ergebnis bildlich ein. Was spontan Antworten beim eigenen Kind ist kann man testen, indem man es fragt was 1+1 ist. Die Antwort beherrscht hoffentlich jedes Kind. 

Gut ist, wenn man nur wenige Karten nutzt, z.B. 5, und diese immer wieder durch geht und dabei auch Raum und Lage immer ein wenig ändert. Also die Karte eher rechts, eher links, weiter oben oder weiter unten zeigt. 

Hier empfiehlt es sich auch immer darauf hinzuweisen, dass sich das Kind nicht anstrengen soll, dass alles automatisch kommt. Und natürlich kräftig loben und positiv enden.

Die Karteikarten sollten jeden Tag wiederholt werden, bis ganz sicher keine Fehler mehr gemacht werden.  Und zwar über einen langen Zeitraum, denn es muss alles ins Langzeitgedächtnis. Währenddessen kann man jedoch auch im Heft weiter arbeiten, solange das Kind versteht was es tut.

Ich selbst habe mit Karteikarten zur Addition begonnen, würde heute aber die Karten zur Zerlegung nutzen. Der Erfolg war trotzdem überragend, vielleicht weil ich auch immer mit den entsprechenden Farben gearbeitet habe. Und das ganze ging überraschend schnell.

Hier möchte ich auf das Kartenspiel "Die rote Karte" verweisen. Ich habe die Beschreibung vom Grundschultreff und hoffe die Erfinderin nimmt es mir nicht übel, dass ich es hier verlinke. Es ist das absolut Beste was ich finden konnte. Je nachdem, welche Zahl man üben möchte, wählt man die Karten. 

Freitag, 8. Januar 2016

Wie oft, wie lange und wann üben?

Meine Tochter war in der ersten Zeit unserer "Arbeit" mit den Stäbchen zunächst eher ablehnend. Sie war frustriert. Schon in der ersten Klasse hatte sie auf Mathe psychosomatisch reagiert, geschimpft, geheult, verweigert.
Ich habe ihr Hilfe zugesichert. Leider kam diese nur schleppend voran. Die Lehrer sahen unerklärliche Probleme, wollten aber abwarten und beobachten. Auf die erforderliche Testung musste bis zur 2. Klasse gewartet werden, da diese erst dann aussagekräftig wäre. Andere Rechenhilfen (Abakus, Steckwürfel, Eierkartons) brachten kein Verstehen und keine Fortschritte und meine Tochter fand alles schrecklich doof und sich selbst - da diese Hilfsmittel nicht halfen - besonders dumm. Einzig meine wiederholte Zusicherung mit den Lehrern in Gespräch zu sein und nach einer Testung Hilfe zu bekommen sowie das Abbrechen der Hausaufgaben, wenn sie zu lange dauerten oder zu schwer waren, halfen uns die Zeit einigermaßen zu überstehen. 

Mit Beginn der 2. Klasse begannen wir mit den farbigen Stäben. Zunächst machte sie wiederwillig mit und ich versuchte alles möglichst kurz und locker zu halten. Es war ja zunächst auch noch eher ein Herumprobieren von uns beiden. 
Irgendwann wurde ich sicherer. Ich betonte und betone dies auch heute noch: Mathe soll nicht schwer sein. Wenn sie etwas nicht versteht, dann haben die Lehrer und ich es nicht richtig erklärt. Sie muss anders lernen als andere, sicher auch mehr. Aber eine Qual sollte es nicht sein.

Jeden Tag üben?
Ich versuche jeden Tag etwas zu machen. Vier mal die Woche finde ich ausreichend, sollte aber zur regelmäßigen Wiederholung sein. Zur Zeit setze ich 15 Minuten an. Mit Uhr. Bei jeder Ablenkung, längere Unterhaltung, Stifte suchen, auf Toilette gehen unterbreche ich die Stoppuhr. Dann gibt es entweder eine kurze Pause (2-3 Minuten) und nochmals ca. 10 Minuten oder es reicht.  Sollte ich merken, dass sie an diesem Tag schon müde ist, lassen wir es ausfallen. Es wäre eh umsonst. Auch wenn mich meine Tochter fragt, ob wir heute lernen müssen oder besondere Tage sind, fällt "Lernen" aus. Wichtig ist, dass jede Lerneinheit positiv enden sollte. Lob kann man nicht genug verteilen, gerne nach dem Gießkannenprinzip. Jede richtig gelegte Kombination oder eigene Idee kann gern überschwenglich gelobt werden.
Und ganz wichtig: eine halbe Stunde nach dem lernen kein Fernsehen, kein Nintendo und ähnliches. Sonst ist alles umsonst, weil es nicht ins Langzeitgedächtnis wandern kann.

Wichtig ist: Da wir zur Zeit nur eine schulische Förderung in dem Sinne haben, dass sie im normalen Unterricht mit besonderem Material langsam den Stoff der ersten Klasse bearbeitet, pfusche ich keinem Lerntherapeuten ins Handwerk bzw. mache auch noch zusätzlich Mathe mit einer anderen Methode. Dass fände ich kontraproduktiv. 

Heute - nach ca. 4 Monaten Anwendung - macht meiner Tochter Mathe Spass. Klar, sie hat noch immer Angst vor Mathe in der Schule. Aber sie merkt auch, dass kann sie schaffen. Denn was sie zur Zeit an Stoff der 1. Klasse im Unterricht wiederholt, das kann sie tatsächlich. 
Auch machen wir jede Menge Spiele und praktische Übungen. So benutze ich eine Waage um "größer", "kleiner" und "gleich" aufzuzeigen und erarbeite "doppelt" und "halb" mit Legosteinen.

Es sind kleine Meilensteine, wenn meine Tochter selbstständig feststellt, dass "Einer" in jeden Stab passen und jeder "Zehner" gerade ist, weil man ihn mit "Zweiern"  füllen kann. Auch fragt sie im Bett abends nach Matheaufgaben. Klar stelle ich nur welche, die sie kann. Aber mit diesem Gefühl einzuschlafen muss riesig sein.

Irgendwie wirkt es. Seit wir "Mathe begreifen" zu Hause haben, will sie sogar freiwillig arbeiten und spielen. Die Spiele holt sie sich auch so heraus oder fängt jetzt gerade an fantasievoll mit den Stäbchen zu bauen. Die Grundstimmung hat sich total geändert und ich hoffe, dass uns das noch eine Weile begleiten wird.

Grundlegende Kenntnisse um Rechnen zu lernen

Bevor das Üben mit den farbigen Stäben Erfolg haben kann, muss ein Kind grundlegende Vorläufer-Fähigkeiten im mathematischen Bereich besitzen. Diese sollten mit dem Eintritt der 1. Klasse gegeben sein um dem Mathematikunterricht der 1. Klasse folgen zu können.
Nun ist es leider so, dass nicht alle Kinder die notwendigen Kenntnisse mitbringen. Und dass dies nicht mal weiter auffällt. Meine Tochter besuchte ein Montessori-Kinderhaus. Dieses warb sehr offensiv damit keinen speziellen Vorschulunterricht anzubieten, weil vom ersten Moment im Kinderhaus an (ja sogar schon in der Kindergrippe) mit dem Montessori-Material und damit insbesondere auch im mathematischen Bereich gearbeitet würde.
Nun, meine Tochter konnte schon im Alter von 4 Jahren wunderbar mit Plättchen Zahlen bis 10 abzählen. Viel weiter ist sie in ihren Fähigkeiten auch nicht gereift, was aber nicht weiter auffiel. Sie vermied Puzzle und Regelspiele, baute wenig mit Konstruktionsmaterial, mochte kein Memory usw. Ein Teil ihrer Zahlen schrieb sie bis zur Einschulung (und darüber hinaus) spiegelverkehrt, wovon ich mich keinesfalls beunruhigen lassen sollte, es hätte ja alles noch Zeit. Letztendlich wurden auch ein paar Vorschulblätter halbherzig bearbeitet. Kindergarten und Schulamt waren sich einig - meine Tochter ist schulreif.

Mein Kind besaß jedoch bis vor kurzem noch ein sehr begrenztes Mengenverständnis, begann immer von vorn mit dem Zählen, was sie heute allenfalls bis 50 fehlerfrei schafft. Lange Zeit glich zählen für sie eben dem Gedichtaufsagen. Und bis heute verdreht sie zweistellige Zahlen und kann in Zähler und Einer keinen rechten Sinn entdecken.


Welche Vorläufer-Fähigkeiten sollte mein Kind besitzen?

Mengenwissen
  • Mengen nach Farben oder Art sortieren
  • Mengen vergleichen (wenige, mehr, gleich)
  • Anzahlen bis vier auf einen Blick zu erfassen, d.h. nicht Abzählen
Zahlenwissen
  • bis 10 zählen
  • Zahlen auf Münzen erkennen
  • die größere Zahl von zwei Zahlen erkennen
  • Anzahl bis 5 zeigen können
  • mit Material einfache Aufgaben zeigen können
Lässt sich auch hier oder in jedem Ratgeber zur Dyskalkulie oder mathematischen Nachhilfe oder googelnd im Internet nachlesen.

 
Womit kann man diese Fähigkeiten fördern?
  • Mengen einkringeln
  • Unterschiede in Bildern suchen
  • Wimmelbücher anschauen (haben wir mehr als reichlich getan)
  • Wege in Labyrinthen suchen
  • Puzzle
  • Memory
  • Bildfolgen erkennen
  • Konstruktion mit Lego  
  • zählen, zählen, zählen (und zwar Sachen und nicht auswendig) 
Sollte ein Kind für dies so gar kein Interesse haben, ist dies schon ein Fingerzeig, dem man nachgehen sollte. Unsere Tochter hat sich erst mit 7 Jahren (in der 2. Klasse) vor gut 3 Monaten ihre alten Vorschulbücher hervorgeholt und wie manisch bearbeitet. Erst nachdem wir angefangen hatten mit Cuisenaire zu arbeiten. Man macht nur das gern, was man auch kann... Schöne Vorlagen zum Üben dieser Fähigkeiten gibt es hier.
  
Zur Zahlenkenntnis, insbesondere Zahlenfolge, möchte ich anmerken, dass ein Kind bereits vor der Grundschule zählen können sollte, auch rückwärts. Dazu zählt auch festzustellen, welche Zahl kommt erst, welche danach, Rückwärtszählen. Hat ein Kind Schwierigkeiten beim passgenauen Zählen zeigt sich das am ehesten bei Würfelspielen, bei welchen ein rechenschwaches Kind nicht passend zum Zählen das Männchen setzt oder bei der "7" z.B. 2 Schritte macht (pro Silbe einen Schritt). Erst kürzlich las ich den Rat hier das Treppensteigen zu nutzen. Beim Hochgehen hochzählen, beim Runtergehen rückwärts zählen. Probleme zeigen sich oft auch beim Klatschen im Takt oder anderen Tätigkeiten, die einen Rhythmus erfordern. Auf diese Fähigkeit soll das Erlernen eines Musikinstruments positiven Einfluss haben und somit mathematische Fähigkeiten fördern.