Sonntag, 4. September 2016

Ferienende und Meister Cody Talasia Fazit

Einige Wochen sind seit meinem letzten Post in die Welt gegangen. Kein Wunder, der wir haben Ferien. Aber nicht so ganz. Denn meine Tochter muss leider, leider auch in den Ferien ran. Am Zeugnistag gab es das Grundschriftenheft von der Lehrerin mit der Frage, ob wir nicht vielleicht in den Ferien...? Hm, gut, hat sich meine Tochter selbst eingebrockt. Das Heft war noch fast unberührt, obwohl sie es seit Ostern auf hat. Also Ziel 1: am Ende der Ferien ist das Heft geschafft.

Leider war meine Tochter auch nicht auf dem Stand der anderen Kinder, was den Mathestoff angeht. Ziel 2: Abschließen des Stoff Klasse 2, 1. Halbjahr. Vorgenommen hatte ich mir, dass sie das entsprechende Heft von "Mathematik begreifen" (Klett) in den Sommerferien abschließt und dann im nächsten Schuljahr mit Multiplikation starten kann. Die möchte sie nämlich jetzt schon unbedingt können, weil ja ALLE anderen das machen. Stimmt so auch nicht. Es sind noch einige Kinder in ihrer Klasse im Hunderterraum. Trotzdem will sie nicht zu dieser, sondern zur anderen Gruppe gehören.

Und Ziel 3: regelmäßiges Arbeiten mit Meister Cody, um an der Mengenvorstellung weiter zu arbeiten und sie zu festigen. Denn leider ist es so, dass Kinder mit Rechenschwäche und  - wie in unserem Fall - mit Konzentrationsschwäche und schlechtem Arbeitsgedächtnis, alles recht schnell wieder vergessen. Vorallem, wenn es nicht schon richtig und 3 Mal abgesichert war. Und ich möchte nicht, dass sie nach den Ferien in die 3. Klasse kommt und das bisher Erreichte wieder vergessen ist. Die Frustration wäre umso größer.

Für unsere Ferienplanung war das echt ein Problem. Zum einen sollten ihre Ferien nicht aus Lernen bestehen, zum anderen ist sie nur am frühen Morgen aufnahmefähig und leistungsfähig, so gegen 10 Uhr. Nachmittags oder abends ist sie nur noch schlecht konzentriert und der Lern- und Wiederholungseffekt wäre gering.Wenn es also morgens nicht geklappt hat, dann fiel es eben aus.
Wirklich motiviert hat sie unser "Punkteplan". Für jedes Mal "Meister Cody" oder Mathe üben gab es 2 Punkte, für jede Seite in ihrem Grundschriftheft gab es 1 Punkt. Für 10 Punkte hat sie einen Wunsch frei. Ich habe bisher noch nie mit einem Belohungssystem gearbeitet. Ich fand immer, dass ist wie ein Hündchen trainieren. Aber ich muss sagen, dass funktioniert wirklich gut. Für uns und für sie.  
An einem Tag zu Beginn der Ferien hat sie extra 8 Seiten in ihrem Grunschriftheft gemacht, nur damit sie ihre 10 Punkte voll bekommt und wir alle zusammen einen Zeichentrickfilm im Abendprogramm schauen. Und ich mag Zeichentrick überhaupt nicht. Am meisten hat sie also die Macht genossen, die sie dadurch hat. Die Wünsche waren für so ziemlich alles einsetzbar, was nicht viel Geld kostet oder der Gesundheit abträglich ist. Aber noch eine Runde Ponyreiten oder extra zu "Conny" ins Kino, das war z.B. okay.
Dieses Belohnungssystem war nur für die Ferien gedacht, die ja nun vorbei sind. Mal sehen, wie wir zusätzliches Lernen in Zukunft handhaben werden.

Nun aber zu Meister Cody - Talasia:
Meine Tochter hat volle 30 Tage dieses Programms absolviert. Hierfür hat sie ca. 2 1/2 Monate gebraucht. Nach 30 Tagen beginnt die Geschichte von neuem, die Übungen sind allerdings dem Fortschritt angepasst.
Zu Beginn der 30 Tage wurde sie getestet und jetzt nach 30 Übungstagen wieder (also alle 30 Tage eine Einschätzung über die Fortschritte). Zu Beginn mit Einordnung als Grundschulkind 2. Klasse lag sie locker in dem Bereich der Kinder die keine Schwierigkeiten haben sollten. Beim 2. Test lag sie aufgrund der Einordnung als Drittklässler nun bei den Kindern, die nur knapp keine Schwierigkeiten beim Rechnen haben sollten.
Diese Einschätzung sind also nicht sehr verlässlich. Man muss als Eltern auf sein Bauchgefühl, offizielle Tests oder Einschätzungen des Lehrers hören. Das meine Tochter sich laut Testung der App verschlechtert hatte, liegt wohl in die Einordnung in eine andere Vergleichsgruppe. Für eine Zweitklässlerin war sie im Umgang mit den Zahlen sicher - haben wir auch lange geübt. Für eine Drittklässlerin ist sie jedoch im Zahlenraum vergleichsweise unsicher.
Jedoch bin ich mit dem Erreichten sehr zufrieden. Sie hat über die Ferien ihre basalen Fähigkeiten wiederholt und gefestigt. Die Übungen hierfür sind schön und sinnvoll angelegt. Insbesondere der Zusammenhang zwischen Zahlen und Mengen wird einprägsam dargestellt.

Auch bietet die App tolle Übungen für das Arbeitsgedächtnis. Meine Tochter kann sich nicht mehr als 3 Informationen merken. De von Meister Cody konzipierten Übungen löste meine Tochter zwar unterirdisch, doch mit viel Spass. Und die Wiederholung ist dabei entscheidend.
Auch die Aufgaben, bei welcher zweistellige und dreistellige Zahlen genannt werden und das Kind sie eintippen musste, fand ich sehr gut. Meine Tochter hat noch immer Schwierigkeiten mit der Schreibrichtung und verdreht hierdurch manchmal Zehner und Einer. Auch wenn sie diesen Fehler zunehmend gut erkennt, muss sie die richtige Schreibrichtung noch automatisieren. Diese Übungen waren Klasse, weil es tatsächlich der stetigen Übung bedarf, bis es sich bei ihr verfestigt. 
Aufgefallen ist mir, dass meine Tochter laut den Zwischenergebnissen, die ich jeden Tag per Mail erhalte, fast immer oberhalb des Ergebniseines durchschnittlichen Grundschulkindes lag.
Dies kann meiner Meinung nach nur daran liegen, dass die Grundschulklassen 1-4 zugrunde gelegt wurden. Anders kann ich mir das nicht erklären. Denn nach der Auswertung vieler Übungen kann ein Kind z.B. 20 von 40 Aufgaben falsch lösen und trotzdem im Vergleich zu anderen Grundschulkindern überdurchschnittlich abschneiden. Beobachte ich jedoch meine Tochter während der Übungen, so ist sichtbar, wo ihre Probleme liegen, welche Strategien sie nutzt, wann sie rät (Zahlenstrahl bis 100) usw. Trotz allem soll das Ergebnis dann noch gut sein. Hm. Bei dyskalkulen Kindern geht man davon aus, dass die Fehlerquote bei 0 liegen sollte. Erst dann ist es verstanden. Ein rechenschwaches Kind, dass jede 2. Aufgabe fehlerhaft löst, darf im Stoff nicht weiter fortschreiten. 

Es gab einige technische Probleme, die mich gestört haben, die aber sicher mit der Zeit und der Anzahl der Nutzer beseitigt werden. Es kam häufiger zum Tonausfall, eine Erklärung passte nicht zum Spiel oder meine Tochter musste zu ihrer großen Enttäuschung (Wut!) eine Übung nochmal von vorne beginnen, obwohl sie fast fertig war.

Das große Probleme einer App liegt jedoch woanders. Was meine Tochter vorher nicht konnte und nicht verstanden hatte, wird ihr diese App sicher nicht erklären können, z.B. das Einordnen von Zahlen auf einem Zahlenstrahl bis 100. Auch wenn Meister Cody ihr dies erklärt und sie auffordert noch genauer oder einfach etwas langsamer zu arbeiten, bleibt sie beim Raten. Einfach weil sie den Zahlenraum noch nicht sicher verstanden hat.
Genauso geht es ihr beim Erkennen von Zahlenketten, bei welcher sie die fehlende Zahl ergänzen soll. Bisher kann sie Einer ansteigend und abfallend erkennen oder wenn nur der Zehner ansteigt oder abfällt. Sobald aber sich die Zahlenreihe um 5 oder 3 verändert, erkennt sie dies schlicht nicht, bzw. fühlt sie sich von der ablaufenden Zeit unter Druck gesetzt. Die Erklärung zur Übung ist gut gemacht und doch hätte meine Tochter ihre Rechenschwäche gar nicht, wenn es mit so einer kurzen Erklärung getan wäre.

Allerdings kann man hierdurch erkennen, wo Schwachpunkte sind und wo man selbst ansetzen muss.

Meine Tochter fand die Geschichte, die den Rahmen für alles bildet, bis zum Ende sehr spannend. Ebenso die Belohnung zum Schluß, in welcher sie das gewonnene Geld in  Bauteile eines Schlosses investieren durfte. Und der Ton des gesamten Spiels und die Soundeffekte sind sehr angenehm. Nochmal die bekannte Geschichte durcharbeiten wollte sie allerdings nicht, so dass wir gekündigt haben. Hätte es die Möglichkeit gegeben, nur die Übungen ohne die Geschichte weiter zu nutzen, hätte ich dies in Erwägung gezogen. Die ganzen Auswertungen braucht es dafür ja nicht.  

Mathematik begreifen, Klasse 2, Heft 1:
Derzeit arbeiten wir parallel in ihrem Matheheft. Wir haben Sachaufgaben, die Uhr und Rechnen mit zweistelligen Zahlen plus einstelligen Zahlen mit Zehnerüberschreitung absolviert. Das sie jetzt auch eine Verständnis für die Uhr zeigt, finde ich toll. Wir beschränken uns beim Nennen der Uhrzeit auf die Zahlen 1 - 12 und die Minuten. Diese zumeist gerundet auf 5 Minuten. Sie sagt also die Zeit, abgelesen von einer analogen Uhr, als digitale Zeit an. Wie man z.B. von 7 auf 19 Uhr kommt, versteht sie nicht. Für mich verwunderlich, denn sie müsste nur 12 addieren. Aber gut, dass kommt später. Man muss Prioritäten setzen. Ganz geschafft haben wir das Heft nicht. Ein paar letzte Seiten stehen noch aus. Aber das ist nicht schlimm. Hauptsache, den Rest kann sie wirklich.

Grundschriftheft:
Das Grundschrifthaft hat sie in den Ferien geschafft. Ein teilverbundene Schrift ist dabei nicht herausgekommen.
Ich persönlich kann mich mit dieser Grundschrift nicht anfreunden. Ich finde sie unschön wegen der eigenartigen Verbindungen der Buchstaben. Es wird den Kinder mit Absicht das Absetzen innerhalb eines Wortes beigebracht. Dies kommt aber von selbst, wenn man länger schreibt. Dadurch wird jedoch zugleich das Durchschreiben verhindert. Meine Tochter hat eine wirklich schlechte Feinmotorik. Zeilen und Wortabstände einhalten und selbst einen Buchstaben in der richtigen Folge zu schreiben fiel ihr bis Ostern noch sehr schwer. Sie hatte lange Sonderhefte zum Schreiben und ich musste ihr die Abstände farbig malen. Gerade das durchgängige Schreiben hätte zumindest dem Wortabständen gut getan und vielleicht auch deutlicher gemacht, welcher Buchstabe bis in den Keller oder bis ins Dach reicht.
Nun gut. Das Heft ist durchgearbeitet und meine Tochter schreibt noch immer Druckschrift. Muss dann wohl ihre eigene Schrift sein, die sie so gefunden hat. Darauf legen ja Lehrer heutzutage Wert.  Ich habe ihr allerdings ein Schreibheft zu Latainischen Ausgangsschrift besorgt, so dass sie bestimmte Buchstabenverbindungen nochmal üben kann. Denn eine verbundene Schrift ist schneller und später entscheidend, wenn die Kinder mehr schreiben müssen.

Was hat ihr nun also dieser arbeitsreiche Sommer gebracht?
Ich denke, viel. Gestern Abend löste sie einige Matheaufgeben und meinte, sie wünschte, ihre Klassenkameraden würden sie jetzt sehen. Sie hat also gespührt, dass es gut läuft und war stolz. Vergessen hat sie nichts und gesteigert hat sie sich auch. Auch rechnet sie jetzt im Alltag viel mehr: wie alt ich war, als ich sie bekommen habe, wieviel Taschgeld sie in bar und auf dem Konto besitzt, wieviele Minuten es noch bis zum Kinderfilm dauert usw. Sie hat also Spass an Zahlen entwickelt.
Und sie war entspannter beim Lerne als während der Schulzeit, freiwillig bereit kurz 15 Minuten zu lernen und Karteikarten zu wiederholen. Sie ist zwar während des Übens leicht ablenkbar, tausend Gedanken fliegen durch ihren Kopf (auch während Meister Cody spricht sie über alles Mögliche). Aber es bleibt viel mehr hängen, als wenn sie Schule hat.

Und da es neben der ganzen Lernerei und Wiederholerei jeden Tag etwas zu erleben gab, denke ich, dass ihr diese Ferien nicht in schlechter Erinnerung bleiben werden.