Sonntag, 26. Juni 2016

Zweistellige Zahlen - vertauschen von Zehner und Einer

Immer wieder stoße ich auf die Problematik der vertauschten Zahlen. Meine Tochter hat im Bereich der zweistelligen Zahlen große Fortschritte gemacht, kann zweistellige Zahlen vergleichen, bis 100 zählen und den Unterschied zwischen Einer und Zehner erklären. Und obwohl sie auch fehlerfrei zweistellige Zahlen mit einstelligen addiert, vertauscht sie beim Schreiben oft noch Zehner und Einer. Zudem bereitet ihr das Bestimmen der Nachbarzahlen große Schwierigkeiten.

Auf Nachfrage, wie sie denn z.B. die Nachbarzahlen der 67 ermittelt, sagt sie: "Ich stelle mir im Kopf ein cm-Maß von IKEA vor. Auf diesem suche ich die 60. Wenn ich diese gefunden habe, suche ich zählend nach dem Nachfolger und dem Vorgänger."
Das Positive ist, dass sie nunmehr verstanden hat, was ein Vorgänger und was ein Nachfolger ist (begrifflich), dass die Anzahl der Zehner auf die Höhe der Zahl schließen lässt, sowie das daraus folgende Aufzählen der Zehner in der richtigen Reihenfolge. Sie hat also schon eine gewisse Vorstellung vom Zahlenraum bis 100. Allerdings ist die Vorstellung von der Zahlenfolge noch nicht gefestigt. Sie weiß, dass die Zehner ansteigen und die Einer sich immer wiederholen. Aber richtig automatisiert ist dies nicht. 

Sie kann beim Zählen nicht in das Zahlenfeld springen und mit reinem Verständnis den Vorgänger oder Nachfolger benennen, indem sie einen Einer dazunimmt oder wegnimmt. So kommt es vor, dass sie trotz des Verstehens beim tatsächlichen Zählen Zahlen auslässt.

Ich  habe gelesen, dass das "flexible" Zählen, d.h. vorwärts, rückwärts, von bestimmten Zahlen aus oder in variierenden Schritten, geübt werden muss. Heute habe ich sie ein paar Punkt-zu-Punkt-Bilder probieren lassen. Früher fand sie die ganz furchtbar und hat sie in ihren Kindergarten- und Vorschulblöcken ausgelassen. Nun hat sie gerade ein Punkt-zu-Punkt-Bild bis 100 gemalt und hatte keine Probleme. Ganz nebenbei hat sie die Zahlen in der richtigen Reienfolge mitgezählt.



Den Stern haben wir gemeinsam geschaffen. Die vielen Zahlen haben sie ein wenig eingeschüchtert. 

Neben diesen Bildern lasse ich sie derzeit zweistellige Zahlen aus Cuisenaire-Stäbchen ermitteln. Voraussetzung hierfür ist, dass das Kind das Bündeln verstanden hat. 
Ich lege ihr eine willkürlich Anzahl an orangenen Zehnern und eine Anzahl Einer (weniger als 10) hin und sie soll die entsprechende zweistellige Zahl aufschreiben. Dabei sollte man die Stäbe nicht immer in der logischen Folge - erst die Zehner, dann die Einer - hinlegen, sondern durch unterschiedliche Anordnung das Kind dazu veranlassen, aus der Menge der liegende Stäbe (und dadurch sybolisierten Einer) die Zahl zu ermitteln. Die orangenen Stäbe geben immer die vollen 10er wieder, egal wo sie liegen. Zusätzlich kann man immer Einer oder Zehner hinzutun oder wegnehmen und auch das Kind fragen, was sich konkret dadurch ändert. Diese Übung stellt für meine Tochter kein Problem dar. Mögliche Varianten:






Der Vorteil der Stäbe ist natürlich, dass man sie direkt anfassen und probieren kann. Mit folgendem Spiel (R4 - Zehner und Einer) des Lehrmittelversands Zürich kann man auch digital das Ermitteln der zweistelligen Zahlen üben. Das variieren beim Hinlegen fehlt dann natürlich. Allerdings hat dieses Spiel den Vorteil, dass das Kind gezwungen ist zuerst den Zehner und dann den Einer einzugeben, so wie die Zahlen auch normalerweise entgegen der Sprachrichtung aufgeschrieben werden. Die Darstellung wechselt immer wieder zwischen Hundertertafel und Stäbchen. 
Meiner Tochter fiel die Darstellung mit den Stäbchen leicht. Diese Anzahl konnte sie immer richtig benennen, tippte sie aber zu Anfang falsch ein. Die Hundertertafel hingegen war eine echte Herausforderung. Hier fiel es ihr schon schwer überhaupt zu erkennen, wieviele Punkte abgebildet sind. Dann gab sie zu Beginn die Zahl auch noch falsch ein. Das wird nun zukünftig geübt.

Auch das Spiel mit dem Ausfüllen der Hundertertafel (R5 - Hundertertafel) eignet sich zum Überprüfen und Automatisieren der Orientierung im Hunderterfeld. Das Spiel ist natürlich nicht dazu geeignet, Verständnis zu schaffen. Das muss vorher schon erarbeitet werden. Meine Tochter hat bei diesem Spiel die fehlenden Zahlen zählend ermittelt. Die Hundertertafel liegt ihr einfach (noch) nicht.

Um meiner Tochter nochmal deutlich den Unterschied zwischen Ziffern und Zahlen aufzuzeigen und ihr ein Bild von mehrstelligen Zahlen zu vermitteln, habe ich einen kleinen Karton präpariert. In diesen können wir zweistellige Zahlen in Einern und Zehnerstangen einsortieren. 
Meine Tochter erwürfelt sich mit 2 speziellen Würfeln Zehner und Einer. Sie legt dann die passenden Stangen dazu.
Danach legt sie die Stangen nochmal in das dazugehörige Fach und schreibt die Zahl beginnend mit der Zehnerstelle auf.

Diese Idee ist nicht brilliant, aber doch eine nützliche Spielerei. Ich versuche für meine Tochter Bilder zu finden, die sie versteht, die sie praktisch durchführen kann. An Hand dieses Kartons, sieht sie, dass eine 3 stellige Zahl aus 3 Ziffern besteht.  
Das Cuisenaire-Material eignet sich gut für zweistellige Zahlen. Wird der Zahlenraum größer, kommt das Dienes-Material hinzu.
 
Die höchste Zahl an jeder Stelle ist die 9. Kommt ein weiterer Einerstab hinzu, sind es Zehn. "10" ist eine zweistellige Zahl, die man nicht in eine Spalte schreiben kann. Die zehn Einerstäbe werden zu einem Zehnerstab zusammen gefasst. Es wird ein Zehner ergänzt und an die Einerstelle tritt die "0" für "0" Einer. Die Anzahl der Zehnerstäbe ist die Höhe der Ziffer an dieser Position.  

Nachtrag:
Ich habe nochmal bei Brühlmeier (unter 8.) nachgelesen und möchte sein Vorgehen beim Erlernen der Zahlen bis 100 nochmal betonen:
Er ließ die Kinder zunächst immer mit den reinen Zehnern rechnen und sie die entsprechenden orangenen Zahlenfelder legen. Ich denke, dass es hierbei entscheidend ist, dass die Kinder die Aufgaben immer höhren und dann legen. Durch die stetige Wiederholung von hören, legen und sehen schleift sich die Bedeutung des Zehners ein (= sprachliche Bewältigung).
Als nächsten Schritt sollten sie gemischte Zahlen erkennen und benennen (ohne rechnen) oder aufgrund des Gehörten legen können.
Brühlmeier übt also jeden Einzelschritt einzeln bis er sitzt.