Freitag, 13. Mai 2016

"Zusammenfassen" und "Trennen" - Addition und Subtraktion

Seit ein paar Tagen übe ich mit meiner Tochter Kopfrechnen. Das habe ich tatsächlich bisher noch nie gemacht, weil ich sie nicht frustrieren wollte und sie ja auch nicht zu viel Mathe am Tag zusätzlich zur Schule machen soll.

Ich fragte also Aufgaben in Plusbereich bis 10 ab und es lief recht gut. Dann nahm ich Subtraktionsaufgaben dazu und auch das lief bis 10 gut und ohne Fehler. Dann wollte sie auch über 10 rechnen und ich stellte weitere Aufgaben bis ca 14.

Mir fiel jedoch auf, dass sie keinen Zusammenhang erkennt, wenn ich direkt nacheinander Umkehraufgaben stelle, z.B 2+6=8 und 6+2=8, ebenso dann bei 8-2=6.
Sie rechnete alle Aufgaben richtig. Aber sie musste jedes Mal neu überlegen. Ihr ist also der Zusammenhang von Teil und Gesamtmenge nicht klar.

Gestern kam dann noch ein Fehler dazu, der mich sehr überraschte. Sie rechnete mehrere Aufgaben Plus und Minus fehlerfrei bis 10 und plötzlich kam auf meine Frage nach 5-4 ein "0". Ich fragte also nach 5-5 und auch hierkam sie auf "0".  Ich war leicht erschüttert. Sie hat in letzter Zeit sehr viele Fortschritte gemacht, hat verstanden über 10 zu rechnen und plötzlich wieder ein solcher Grundlagenfehler. Erklären konnte sie ihr Vorgehen nicht.

Ich habe dann das Gitterfeld mit 10 Kästchen rausgeholt (oder Eierkarton) und habe sie wieder mit Einer-Stäbchen Zahlen legen lassen und auch Einer-Stäbchen wegnehmen und hinzulegen unter Raum-Veränderung.  
Und tatsächlich tat sie sich schon mit dem Legen kleiner Zahlen schwer und hat die Anzahl der Einer-Stäbchen abgezählt. Auch wurde deutlich, dass sie nicht auf das Bündeln zurückgriff (1 Reihe = 5)

Ich kann also nur raten auch Grundlegendes ständig zu wiederholen. Auch die Bildung von Rechengeschichten beim Subtrahieren muss ich wieder öfter anwenden, damit sie ihre innere Vorstellung vom Subtrahieren nicht vergisst. Dies war also noch nicht genug gefestigt.

Mir kam aber auch noch ein weiterer Gedanke: sprachlich bin ich beim Aufgabenstellen immer noch zu ungenau. Hier wird das Problem von Thomas Royar geschildert.

Gerade bei der Subtraktion, dem Gebiet, dass den rechenschwachen Kindern schwerer fällt, wird oft ungenau von "wegnehmen"  gesprochen. Ebenso wie bei der Addition, in welcher die Summanden 2 Teile bilden, die zusammengefasst werden, sind bei der Subtraktion der Subtrahend und die Differenz 2 Teile des Minuend. Trennt man einen Teil des Minuend ab, subtrahiert also, verbleibt ein anderer Teil (Differenz). Der Subtrahend ist aber nicht einfach "weg", sondern bleibt als Teil vorhanden. Besser wäre es daher wohl von "zusammenfassen" und "trennen" zu sprechen, um hervorzuheben, dass es um Teile eines Ganzen geht.

Tatsächlich spreche ich in unseren Sachgeschichten, oft vom Dazutun und Wegnehmen. Ich werde nun versuchen Rechenaufgaben noch einmal anders zu formulieren und schauen, ob ich hierdurch einen anderen Blick auf die Teilmengen erreiche. Zudem werde ich nochmal über längere Zeit regelmäßig das Bündeln von Mengen wiederholen.  

NACHTRAG 1:
Ich habe meine Tochter gefragt, warum sie 3-5=2 geschrieben hat. Die Erklärung hat mich überrascht. Es ist ein Verstädnisproblem verbaler Art. Sie versteht diese Schreibweise als "3 von 5 ist gleich 2". Ahhhhhhh.
1. Erklärung (und dies gilt nur in der Grundschue): Die Zahl ganz links ist in der Subtraktion die größte Zahl.
2. Erklärung: Man liest Matheaufgaben IMMER von links, so wie einen Text.
Antwort: "Das hat mir noch niemand gesagt. In der Addition ist das auch nicht so. Das wusste ich nicht" (weinen).

NACHTRAG 2:
Ich habe gestern und heute angefangen beim Addieren und Subtrahieren darauf hinzuweisen, dass es sich um Teilmengen einer Gesamtmenge handelt, z.B.: "Ich habe hier hier 8 Würfel (Einer-Stäbe) in einer Hand. Dies ist eine Gesamtmenge. Ich nehme davon eine Menge mit einer Hand weg, genau 3 Würfel. Und es bleibt eine Menge übrig? Wieviele Würfel sind diese Menge?"
Das ist ganz grob umschrieben und klingt recht holprig. Aber meine Tochter hat sich gar nicht daran gestört. Sprachlich ist sie weit. Etwas als Menge zu bezeichnen versteht sie inhaltlich. 
Und ein kleiner Erfolg war heute auch da. Seit längerer Zeit versuche ich ihr nahe zu bringen, dass Umkehr- und Tauschaufgaben aus immer den selben 3 Zahlen bestehen und man damit spielen kann. Eigentlich sollte einem das schon klar sein, wenn man Zahlen in 2 andere Zahlen zerlegen kann. Aber nichts ist bei rechenschwachen Kindern einfach. 
Nachdem ich nun mit den Händen und den Begriffen "Teilmenge" und "Menge" gearbeitet habe, hat sie ein ganzes Päckchen selbst hergeleitet.